Key User in der ERP-Auswahl: Mit dem Faktor Mensch zur besseren Lösung 

Anforderungskataloge, Live-Demos und Anbieter-Workshops stehen im Scheinwerferlicht der ERP-Auswahl. Wenn Unternehmen aber nicht früh ihre Key User in den Auswahlprozess einbeziehen, riskieren sie den Erfolg des Systemwechsels. Lesen Sie, wie Sie Key User erfolgreich in Ihr ERP-Projekt einbeziehen und die richtigen Anwender für die Mitwirkung auswählen.  

Key User und ihre Rolle in ERP-Projekten

Key User sind Mitarbeitende aus den Fachabteilungen, die als Brücke zwischen der IT und dem Tagesgeschäft fungieren. Sie verstehen sowohl die Geschäftsprozesse als auch grundlegende technische Konzepte eines ERP-Systems.  

Im ERP-Auswahlprozess vertreten sie die Interessen ihres Bereichs gegenüber dem Projektteam und bringen Anforderungen ihrer Fachdomäne in die Auswahl ein. Ist die Entscheidung für ein System gefallen, unterstützen ihre Kolleginnen und Kollegen bei der Einarbeitung und leisten auch darüber hinaus Support im Tagesbetrieb. 

Wie Sie die richtigen Key User für Ihr Projekt auswählen

Die fachliche Exzellenz sollte nicht das ausschlaggebende Kriterium sein, um einen Mitarbeitenden als Key User zu benennen. Mindestens genauso wichtig sind  konzeptionelle Fähigkeiten und zwischenmenschliche Kompetenzen, wenn er seine Vermittlerrolle erfolgreich ausfüllen soll.  

Fachliche Exzellenz 
Ein umfassendes Verständnis der eigenen Arbeitsprozesse und der Schnittstellen zu anderen Bereichen muss jeder Key User mitbringen. Es bildet die Basis, um die Interessen Fachbereichs reflektiert in die Diskussionen mit dem Projektteam, Workshops und Referenzbesuche einzubringen. 

Kommunikationsfähigkeit 
Key User brauchen die Fähigkeit, effektiv und empathisch zwischen IT-Team, Projektleitung und Fachkollegen zu vermitteln. Statt dominanter Führungspersönlichkeit sind geschickte Mediatoren gefragt, die ausgleichend, aber zielorientiert agieren. 

Digitale Affinität 
Key User brauchen ein grundlegendes technisches Verständnis von ERP-Systemen und ein Interesse an neuen Technologien, um in Anbieter-Präsentationen kritische Fragen stellen und ihre Kollegen später erfolgreich im neuen System schulen zu können.  

Veränderungsbereitschaft und Change-Management 
Ohne Offenheit für Neuerungen und die Fähigkeit, Veränderungsprozesse zu gestalten, geht es nicht. Da Key User eine aktive Rolle im Change-Prozess ihres Fachbereichs spielen, sollten sie konzeptions- und organisationsstark sein.  

Häufige Fehler bei der Auswahl von Key Usern

Trotz bester Absichten kommt es bei der Auswahl von Key Usern immer wieder zu Fehlentscheidungen. Die folgenden Stolperfallen sollten Sie auf dem Radar haben und sie mit klaren Auswahlkriterien und organisatorischer Weitsicht aushebeln. 

  • Hierarchiebasierte Auswahl: Führungskräfte sind nicht die besten Key User. Achten Sie darauf, dass benannte Personen wirklich in die operativen Prozesse der Fachabteilung eingebunden und nah am Tagesgeschäft sind. Sie möchten über Ihre  Key User ein gutes Verständnis für die praktischen Anforderungen gewinnen.  
  • Überlastung: Achten Sie auf die Kapazitäten Ihrer Mitarbeitenden. Häufig werden top qualifizierten Mitarbeiter als Key User bestimmt, ohne zeitliche Entlastung von bestehenden Aufgaben. Das kann bei zu Überforderung und sogar Burnout führen, was dem Projektvorankommen mehr schadet als nutzt. Sorgen Sie für angemessene zeitliche Freistellung. 
  • Fehlendes Mandat: Key User ohne klare Entscheidungsbefugnis können ihre Rolle nicht effektiv ausfüllen. Kommunizieren Sie Aufgaben und Verantwortlichkeiten klar. Geben Sie Ihren Key Usern die Autorität, Prozesse zu beeinflussen und Entscheidungen im Rahmen des ERP-Projekts souverän zu treffen. 

Aufgaben von Key Usern im ERP-Auswahlprozess

Ein paar Fragen beantworten, ein paar Ideen einbringen – wer die Aufgabe des Key Users hierauf reduziert, schöpft das Potenzial der Rolle bei Weitem nicht aus. Key User sollten Prozesskenner, Vermittler und Gestalter im ERP-Projekt sein. Sie spielen eine kritische Rolle bei der Wahl einer zukunftsfähigen neuen Lösung – und können zu allen Projektphasen beitragen. 

Key User helfen, konkrete Anforderungen an das neue ERP-System zu formulieren – Sie bringen ihre Praxiserfahrung ein und unterstützen IT und Projektleitung beim Erfassen und Visualisieren bestehender Prozesse und der Identifikation von Optimierungspotenzialen.  

In Live-Demos von ERP-Herstellern und Anbietergesprächen prüfen Key User, ob die vorgestellten Funktionen die realen Anforderungen erfüllen. Sie stellen gezielte Fragen, denken in Use Cases und bewerten Funktionen und Usability. Key User erkennen schnell, ob Formulare, Workflows und Navigationslogik sinnvoll aufgebaut sind – oder später hoher Schulungs- und Anpassungsbedarf fällig wird. 

Als zentrale Ansprechpartner für ihre Teams während und nach dem ERP-Projekt  beantworten Key User die Fragen ihrer Kollegen. Sie teilen ihr Wissen in Schulungen, damit dem Fachbereich ein reibungsloser Umstieg gelingt, und stehen als erster Support bei technischen Schwierigkeiten bereit.  

Wie intensiv und umfassend Unternehmen Fachbereichsmitarbeiter einbeziehen, hängt von den individuellen Rahmenbedingungen (Zeitplan, Kosten, Fachkräfte) ab. Von punktueller Integration über eine kontinuierliche Zusammenarbeit bis nach dem Go-live sind diverse Modelle denkbar.

Praxisbeispiel MELLERUD: Key User beteiligt, Chancen genutzt

Unser Kunde MELLERUD CHEMIE GMBH hat seinen ERP-Wechsel in einem Projektbericht auf LinkedIn dokumentiert – ehrlich und praxisnah. Dabei spricht Geschäftsführer Dominik Doebrick auch über die Rolle der Key User.  

Das Unternehmen hatte für sein ERP-System der Zukunft zwei Kandidaten ins Auge gefasst: SAP S/4HANA und GUS-OS ERP. MELLERUD setzte bewusst auf eine partizipative Entscheidungsfindung. „Ohne ein starkes Netzwerk an Key Usern ist ein Transformationsprozess oft zum Scheitern verurteilt. Deshalb war es für uns essenziell, die Belegschaft aktiv in den Auswahlprozess des neuen ERP-Systems einzubinden“, so Dominik Doebrick.  

Nachdem sie beide Systeme in Workshops kennengelernt hatten, wurden 33 Key User aus unterschiedlichen Fachabteilungen zu ihrer Wahrnehmung der ERP-Lösungen befragt. Das Ergebnis: 82% der Nutzer sprachen sich für GUS-OS ERP aus. Das System punktete mit einer verständlicheren Benutzerführung, besseren Passung zur prozessindustriellen Logik und konkreten Mehrwerten im Tagesgeschäft. 

Für Dominik Doebrick besonders bemerkenswert: Viele Key User erkannten im Laufe der Workshops und Produkt-Demos Potenziale zur Prozessoptimierung, die sie zuvor nicht auf dem Radar hatten. Der Auswahlprozess wurde so auch zu einem Innovationsimpuls. 

Vorteile der Integration von Key Usern auf einen Blick

Digitalisierung ist Teamarbeit – Unternehmen, die ihre Key User ernst nehmen und sie in Transformationsprojekte einbeziehen, profitieren auf mehreren Ebenen: 

  • Bessere Entscheidungsgrundlage: Anforderungen und Use Cases werden präziser und umfassender beschrieben, was eine fundierte Auswahl vereinfacht. 
  • Weniger Reibungsverluste: Die neue ERP-Software passt besser zur Realität – es braucht weniger Anpassungen, was Kosten senkt.    
  • Höhere Akzeptanz: Wirken Mitarbeiter mit, akzeptieren sie die neue Lösung eher und tragen motiviert zum Erfolg des Projekts bei.   
  • Wissensmultiplikation: Key User tragen ihr Wissen in die Fachbereiche und beschleunigen das produktive Arbeiten mit dem neuen System. 

Key User einbeziehen, Zukunftspotenziale ausschöpfen

Key User sind unterschätzte Schlüsselakteure im ERP-Projekt. Ihre Einbindung entscheidet darüber, ob ein ERP-System nur eingeführt oder auch wirklich angenommen und mit Leben gefüllt wird. Gerade in der Prozessindustrie mit ihren komplexen Geschäftsabläufen und Regularien ist die Expertise der Fachbereiche erfolgskritisch.  

Unternehmen, die Key Usern eine Stimme im Auswahlprozess geben, treffen nicht nur die bessere Systementscheidung. Sie investieren in die Akzeptanz der neuen Lösung und legen damit die Basis, dass Anwender das Potenzial der neuen Technologie voll ausschöpfen. Und nicht zuletzt kann der Austausch wertvolle Innovationsimpulse setzen. Warum darauf verzichten?