So finden Unternehmen den passenden ERP-Partner

Die Anschaffung eines neuen ERP-Systems gehört zu den wichtigsten IT-Entscheidungen eines Unternehmens. Die Wahl stellt die Weichen für viele Jahre, teils Jahrzehnte. Umso wichtiger ist es, dass Unternehmen hier keine Fehler machen. Doch woran erkennen sie den richtigen ERP-Anbieter? Nicht immer sind Platzhirsche die beste Wahl. Wir stellen Ihnen 6 Kriterien vor, mit denen Sie Ihr individuelles Perfect Match ermitteln. 

1. Der Anbieter bringt relevante Branchenerfahrung mit.

Wählen Sie einen ERP-Anbieter, der umfassende Erfahrung in Ihrer Branche nachweisen kann. Damit stellen Sie sicher, dass im Team Berater sind, die Ihre Sprache sprechen, Ihre Prozesse verstehen und Ihre Herausforderungen kennen – und im besten Fall bereits viele ähnliche ERP-Projekte erfolgreich umgesetzt haben. Das vereinfacht nicht nur die Kommunikation im Projekt, sondern senkt auch das Risiko, dass Ihre Anforderungen nicht zufriedenstellend oder nur zu überzogenen Kosten realisiert werden können.   

Im Idealfall finden Sie einen ERP-Anbieter, der Ihnen nicht nur einige Berater mit Branchenexpertise zur Seite stellt, sondern der sich so klar auf Ihre Branche spezialisiert hat, dass sich dies auch in der Software selbst widerspiegelt. 

2. Wichtige Anforderungen werden vom ERP-System im Standard abgebildet.

Mit dem passenden Branchenhintergrund sind die Chancen hoch, dass das ERP-System einen Großteil Ihrer Anforderungen erfüllt, ohne weitere Individualentwicklung. Mehr noch, das System stellt Ihnen branchenspezifische Best-Practice-Prozesse zur Verfügung, sodass Sie Ihren Waren- und Ihren Wertefluss ganzheitlich optimieren können.  

Je mehr Anpassungsbedarf besteht, desto kritischer. Einerseits, weil sich die initialen Projektkosten erhöhen, andererseits weil die Risiken für den laufenden Betrieb steigen. Denn Hersteller-Updates werden in der Regel mit dem Standard getestet. Nutzen Sie Eigenentwicklungen, kann dies zu Problemen führen, die manuellen Aufwand nach sich ziehen, Prozessstillstände verursachen und Ihre IT-Sicherheit gefährden. Auch die Wartung wird mit jeder Eigenentwicklung aufwändiger und kostenintensiver. Dies lässt sich mit einem ERP-System vermeiden, das Sie nah am Standard nutzen.

3. Das ERP-System zeichnet sich durch eine zukunftsfähige Architektur und technologische Basis aus.

Ein modernes ERP-System lässt sich in der Cloud betreiben oder zumindest in hybriden Szenarien. Es arbeitet performant, auch bei hoher Datenlast, und einfach skalierbar. Wenn ein Unternehmen wächst, muss das ERP-System unkompliziert und ohne hohe Kosten mitwachsen können.  

Genauso wichtig: die Konnektivität des Systems. Unternehmen haben heute in der Regel viele hunderte Anwendungen im Einsatz. Das ERP-System ist ein Herzstück der Organisationen und muss sich mit vielen dieser Anwendungen – von HR- bis ME-System – verbinden lassen. Und zwar unabhängig, ob diese in der Cloud liegen oder lokal gehostet werden. Ungehinderte Datenflüsse sind wettbewerbsentscheidend!

4. Der ERP-Anbieter kommt aus dem gleichen Land oder ist vor Ort mit einem starken Team vertreten.

Sie haben einen branchenfokussierten ERP-Hersteller entdeckt? Achten Sie auf geografische Nähe, sonst werden Ihnen die Vorteile der Branchennähe wenig nützen. Aus zwei Gründen.  

Zum einen spielt der marktwirtschaftliche Hintergrund eine Rolle, vor dem ein ERP-System entwickelt wird. Die Regulatorik der Pharmaindustrie ist in den USA beispielsweise eine andere als in der EU oder Asien. Die Prozesse unterscheiden sich dementsprechend. Zum anderen ist der Kundenservice bei Anbietern in geografisch entfernten Regionen oft unbefriedigend. Die Arbeitszeiten überschneiden sich kaum und Mitarbeiter in der Kundenhotline sprechen oft nicht Ihre Muttersprache und schlecht Englisch. Das sind Barrieren, die die Problemlösung erschweren können.  

Machen Sie sich Ihre Erwartungen vorab bewusst und wählen Sie im Zweifel einen ERP-Anbieter, der (s)einen Standort in Deutschland hat, der verlässlichen telefonischen Support in Ihrer Muttersprache bietet und der bei größeren Projekten Berater auch zu Ihnen vor Ort schickt.  

5. Der ERP-Anbieter hat eine optimale Größe im Verhältnis zum eigenen Unternehmen.

Wählen Sie einen ERP-Hersteller, der größer ist als Ihr eigenes Unternehmen, damit er die notwendige Stabilität und Innovationskraft mitbringt. Kleine Anbieter können leicht in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, aufgekauft oder vom Markt verdrängt werden – mit potenziell gravierenden Folgen für Ihren ERP-Betrieb. 

Zu groß sollte Ihr ERP-Anbieter im Verhältnis zu Ihrer Organisation aber auch nicht sein. Als kleines oder mittelständisches Unternehmen werden Sie bei einem globalen ERP-Konzern kaum wahrgenommen. Dass Ihre Wünsche in dieser Konstellation in die Produktentwicklung einfließen? Höchst unwahrscheinlich. Ein direkter Zugang zu wichtigen Ansprechpartnern? Meist nicht gegeben. 

Bei einem idealen Größenverhältnis findet eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe statt. Sie haben gute Chancen, Einfluss auf die Weiterentwicklung des ERP-Systems zu nehmen, erhalten schnelle Unterstützung im Supportfall und können sich auf die wirtschaftliche Stabilität des Anbieters verlassen.

6. Der ERP-Anbieter verfolgt eine Ein-Produkt-Strategie.

Einige ERP-Hersteller bieten ein breites Portfolio an Business-Software an. Bei einer solchen Mehr-Produkt-Strategie ist für Kunden immer das Risiko gegeben, dass das von Ihnen erworbene Produkt aus dem Portfolio genommen wird, weil es sich in der Gesamtschau für den Anbieter nicht rentiert. Im Worst Case muss Ihr Unternehmen eine Zwangsmigration zu einem neuen Hersteller durchführen – mit allem zu erwartenden Aufwand und Kosten. 

Ein ERP-Anbieter mit einer Ein-Produkt-Strategie setzt dagegen seine ganze Energie für den Erfolg dieses Systems ein. Es steht im Mittelpunkt seiner Strategie. Für Kunden heißt das: Solange der Anbieter selbst wirtschaftlich solide aufgestellt ist, wird es äußerst unwahrscheinlich, dass das ERP-System in absehbarer Zukunft vom Markt verschwindet.

Fazit: Strukturiert und umsichtig den richtigen ERP-Partner finden

Wenn Sie bei Ihrer ERP-Auswahl die vorgestellten Kriterien berücksichtigen, werden Sie die Zahl potenzieller ERP-Partner schnell reduzieren. Die Liste ersetzt zwar keinen umfassenden Anforderungskatalog und keinen strukturierten Entscheidungsprozess, aber sie kann eine hilfreiche Ergänzung sein.  

Nehmen Sie sich Zeit für Anbieterrecherche und verlassen Sie sich nicht allein auf die Selbstaussagen der Hersteller. Neben den überprüfbaren Fakten zählt Ihr persönlicher Eindruck: Nutzen Sie die Möglichkeit, den ERP-Hersteller in Workshops kennenzulernen und tauschen Sie sich mit Referenzkunden direkt aus, um Ihre Entscheidungsbasis abzurunden. Der Aufwand lohnt sich. Denn Ihr neues ERP-System wird Ihre Wettbewerbsfähigkeit und Resilienz über Jahre bestimmen.