Immer mehr Unternehmen in Deutschland wechseln auf Cloud-ERP-Systeme. Doch bedeutet das, dass andere Betriebsmodelle keine Zukunft mehr haben? Gerade in der Prozessindustrie mit ihren speziellen Anforderungen ist ein differenzierter Blick gefragt. In diesem Beitrag stellen wir die drei gängigen ERP-Betriebsmodelle vor – On-Premise, Cloud und Hybrid – und zeigen, welches Modell sich für welche Anforderungen besonders eignet.
Die 3 ERP-Betriebsmodelle im Überblick
Die meisten Unternehmen in Deutschland nutzen mittlerweile ein ERP-System. Seine Vorteile sind unbestritten. Wo die Meinungen jedoch auseinander gehen, ist die Wahl des ERP-Betriebssystems. Die Entscheidung ist weitreichend, denn sie wirkt sich direkt auf Funktionalität, Kostenstruktur und die digitale Flexibilität eines Unternehmens aus.
- On-Premise-ERP: Bei der klassischen Variante läuft das ERP-System auf eigenen Servern im Unternehmen. Die IT-Abteilung hat die volle Kontrolle über Daten und alle Anpassungsmöglichkeiten, muss aber auch Wartung und Betrieb komplett in Eigenverantwortung gewährleisten.
- Cloud-ERP: Der Gegenentwurf zum lokalen Hosting sind cloudbasierte ERP-Systeme. Die Nutzung erfolgt via Browser. Der Anbieter hostet die Anwendung im eigenen Rechenzentrum oder bei einem Hyperscaler. Er übernimmt Betrieb, Wartung und Updates – Unternehmen können eigene IT-Aufwände auf ein Minimum reduzieren.
- Hybride ERP-Systeme: Bei der Kombination von lokalem und cloudbasiertem Hosting, werden nur einzelne Module des ERP-Systems in die Cloud ausgelagert. Damit lassen sich die Vorteile der Cloud ausschöpfen, während besonders sensible Daten die Unternehmensserver nicht verlassen.
Eine One-Size-Fits-All-Lösung für die Prozessindustrie gibt es nicht. Dazu sind die Anforderungen der Unternehmen und ihre Ziele zu unterschiedlich. Sehen wir uns die Vor- und Nachteile der verschiedenen Modelle im Detail an.
Was spricht für ein Cloud-ERP in der Prozessindustrie?
76 % der deutschen Unternehmen nutzen laut einer techconsult-Studie bereits ein Cloud-ERP oder planen, in die Cloud zu wechseln. Kein Wunder, die Vorteile sprechen für sich:
Die Vorteile
- Geringe Einführungs- und Betriebskosten
- Schnelle Bereitstellung
- Automatische Updates
- Hohe Verfügbarkeit und Performance, ohne interne Aufwände
- Ortsunabhängiger Zugriff – ideal für verteilte Teams
- Immer aktuelle Technologie durch SaaS-Modell
Herausforderungen
- Eingeschränkte Individualisierung bei Public-Cloud-Modellen
- Standardprozesse notwendig – maßgeschneiderte Abläufe sind schwerer abbildbar
- Validierungspflichten (z. B. GxP) können eine Hürde sein
- Die Integration von Drittanbieterlösungen über Schnittstellen kann schwierig sein
Für Unternehmen mit stark standardisierten Prozessen und geringen Anpassungsanforderungen ist ein Cloud-ERP eine effiziente Lösung. Für andere kann eine Private Cloud mit mehr Flexibilität oder ein hybrides Modell sinnvoller sein.
On-Premise ERP: Wann lokale Systeme weiterhin sinnvoll sind
Trotz des Cloud-Trends behalten viele Unternehmen der Prozessindustrie ihr ERP-System bewusst On-Premise – also auf eigener Hardware und in eigener Verantwortung.
Die Vorteile
- Volle Kontrolle über Daten, Sicherheit und Systemarchitektur
- Hohe Anpassbarkeit für branchenspezifische Prozesse
- Bessere Integration mit Legacy-Systemen und Produktionsanlagen
- Erfüllung strenger Compliance-Anforderungen (z. B. GxP, Audit-Trails)
Herausforderungen
- Hoher interner Aufwand für Wartung, Updates und Betrieb
- IT-Know-how und ausreichend interne Ressourcen erforderlich
- Aufwändigere Skalierung im Vergleich zur Cloud
- Höhere Investitionskosten für Hardware und Betrieb
Für Unternehmen mit hohen Sicherheits- und Anpassungsanforderungen oder stark regulierten Prozessen bleibt On-Premise eine valide und oft notwendige Option.
Hybride Modelle: Brückenlösung oder Zukunftsmodell?
Hybride ERP-Modelle kombinieren Cloud- und On-Premise-Komponenten – und bieten damit eine hochflexible Lösung, die für die vielschichtigen Anforderungen der Prozessindustrie besonders interessant ist.
Die Vorteile
- Schrittweise Cloud-Migration minimiert Risiken
- Nutzung moderner Cloud-Funktionen (z. B. KI-basierte Analysen, Automatisierungen) bei sicherer Datenhaltung
- Höhere Akzeptanz im Unternehmen durch evolutionäre Veränderung
Herausforderungen
- Technisch anspruchsvolle Integration von Cloud und On-Premise
- Klare Definition von Datenflüssen und Supportprozessen notwendig
- Höherer Abstimmungsbedarf zwischen IT und Fachbereichen
Hybride Modelle sind längst mehr als eine Übergangslösung – sie bieten strategische Flexibilität und sind besonders für Unternehmen geeignet, die ihre digitale Transformation schrittweise und kontrolliert vorantreiben möchten.
7 Entscheidungskriterien: So wählen Unternehmen das passende ERP-Betriebsmodell
Die Wahl des passenden ERP-Betriebsmodells ist eine strategische Entscheidung für viele Jahre. Richten Sie Ihre Entscheidung daher nicht nur an Ihrer aktuellen Situation, sondern der Zukunftsstrategie Ihres Unternehmens aus. Diese sieben Entscheidungskriterien können Ihnen helfen, das passende Modell zu wählen:
- Regulatorische Anforderungen: Welche GxP-, FDA- oder ISO-Vorgaben sind einzuhalten? Je höher die Anforderungen, desto eher kommt eine On-Premise- oder Private-Cloud-Variante in Frage, die mehr Anpassungen erlaubt.
- IT-Ressourcen & Infrastruktur: Verfügt Ihr Unternehmen über ein eigenes IT-Team mit Erfahrung in ERP-Systemen? Bei wenig internem Know-how oder begrenzten Ressourcen empfiehlt sich eher ein Cloud- oder hybrides Modell mit externer Betreuung.
- Standortstruktur: Arbeiten Ihre Teams remote oder an dezentralen Standorten? Ein hybrides ERP-Modell oder eine Cloud-Lösung ermöglichen einfachen weltweiten Zugriff, hohe Verfügbarkeit – ohne Performance-Einbußen.
- Zukunftsstrategie: Planen Sie Investitionen in datengetriebene Prozesse, IoT oder KI-basierte Analysen? Cloud-ERP und hybride Modelle bieten mit ihrer offenen Architektur Vorteile, da sich innovative Drittlösungen über APIs leicht integrieren lassen.
- Grad der Individualisierung: Sind viele individuelle Prozesse oder branchenspezifische Funktionen im ERP notwendig? Dann empfiehlt sich ein On-Premise-ERP, ein hybrides Modell oder eine Private Cloud. In Public-Cloud-ERP-Lösungen sind Anpassungen oft nur begrenzt möglich oder sehr teuer umsetzbar.
- Datensicherheit & Governance: Welchen Stellenwert nehmen Datenhoheit, Sicherheit und Auditfähigkeit ein? Bei hohen Anforderungen ist ein On-Premise-ERP oder eine Private Cloud vorzuziehen, da Unternehmen volle Kontrolle über Zugriff, Standort und Verschlüsselung sensibler Produktions- und Rezepturdaten behalten.
- Budget & Investitionsbereitschaft: Möchten Sie Investitionen in eigene Infrastruktur vermeiden und flexibel skalieren? Ein Cloud-ERP oder hybrides Modell mit nutzungsbasierter Abrechnung ist in dem Fall eine attraktive Option. Die Einstiegshürden sind niedrig, bedarfsgerechtes Wachstum wird unterstützt.
Unsere Empfehlung: Lassen Sie sich von einem erfahrenen ERP-Implementierungspartner bei der Entscheidungsfindung begleiten. Die Wahl des Betriebsmodells ist eng verknüpft mit dem ERP-System selbst. Denn ein funktional starkes System, das im falschen ERP-Betriebsmodell betrieben wird, bringt langfristig keine zufriedenstellende Lösung. Beide Entscheidungen sollten Hand in Hand gehen und in den ERP-Auswahlprozess integriert sen.
Kostenfreies Webinar: ERP-Auswahl – von der Anforderung bis zur Entscheidung
Bei der ERP-Auswahl für Unternehmen der Prozessindustrie gilt: Wer die Wahl hat, hat die Qual. Auf dem Markt gibt es mehrere Hundert ERP-Systeme, je nach Zählung sogar über Tausend. Kleinere und mittlere Unternehmen insbesondere von streng regulierten Industrien wie Pharma, Medizintechnik, Lebensmittel, Kosmetik, Chemie und Logistik stehen deshalb vor der schwierigen Frage: Welche ERP-Software passt am besten zu meinem Unternehmen und welche Schritte sind für die Vorbereitung der Auswahl zu beachten?
Fazit: Die Cloud ist eine Zukunftsoption, aber nicht für jedes Unternehmen die beste Wahl
Obwohl der Trend zu Cloud Computing auch den ERP-Bereich erfasst, sind Cloud-ERP nicht immer die zukunftsstärkste Lösung. Insbesondere in der Prozessindustrie bestehen teilweise Individualisierungsanforderungen, die in hybriden oder On-Premise-Szenarien besser realisiert werden können. Und Cloud ist auch nicht Cloud: Wenn Sie Ihr ERP-System in einer Private Cloud hosten lassen, ergeben sich ganz neue Möglichkeiten.
Die Entscheidung für ein Betriebsmodell ist genauso wichtig wie die Wahl eines ERP-Anbieters. Beide Entscheidungen sollten in einem Prozess gemeinsam betrachtet werden.
Übrigens: GUS-OS, unser ERP-System für die Prozessindustrie, lässt sich flexibel in jedem Hosting-Modell betreiben – ob On-Premise, in der Private Cloud, oder einem hybriden Szenario. Damit können Sie es optimal an Ihre spezifischen Bedürfnisse anpassen – und profitieren in jedem Modell von der besten branchenspezifischen Unterstützung.
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