ERP als Schaltzentrale für sichere Medizinprodukte

Neue Regularien in einem Wachstumsmarkt

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Der Markt für Medizintechnik-Produkte ist in den vergangenen Jahren deutlich gewachsen. Umfangreicher und komplexer sind jedoch auch die behördlichen Auflagen geworden, welche die Unternehmen der Branche erfüllen müssen. Als zentrale Schaltstelle für Validierungen bieten sich ERP-Systeme an. Sie halten (fast) alle Daten und Prozesse vor, die für Medizinprodukte sorgen, die durchgängig compliant sind.

 

Ein rasanter medizinisch-technischer Fortschritt, die demografische Entwicklung und ein erweiterter Gesundheitsbegriff hin zu mehr Lebensqualität: Viele gesellschaftliche Großtrends werden auch weiterhin dafür sorgen, dass die Medizintechnik-Branche ein Wachstumsmarkt bleibt. Laut Bundesverband Medizintechnologie ist weltweit mit Zuwachsraten von jährlich rund 5 Prozent zu rechnen – und Deutschland ist ein gewichtiger Player in diesem Markt. 

Die Exportquote der Branche liegt hierzulande bei 66 Prozent. Der Umsatz kommt auf über 40 Milliarden Euro. Mit den Kleinbetrieben sind es sogar über 55 Milliarden Euro. Und zum robusten Wachstum trägt sicher auch bei, dass die Branche nach Mitarbeiterzahl und Umsatz der Unternehmen äußerst diversifiziert und mittelständisch geprägt ist: 93 Prozent der Medtech-Unternehmen beschäftigen weniger als 250 Mitarbeiter. Doch kann Deutschland auch einige Medizintechnik-Großgewichte aufweisen.

Parallel zum Wachstum des Medizintechnik-Markts sind Unternehmen immer mehr Regularien unterworfen. Vor allem der Übergang von der Medizinprodukterichtlinie sowie die Richtlinie über aktive implantierbare medizinische Geräte der EU zur Medizinprodukteverordnung (Medical Device Regulation, MDR) bedeuten einen tiefgreifenden Wandel für die Unternehmen der Branche. Die MDR steht nicht nur für eine umfassende Modernisierung, sondern auch für eine Verschärfung der Vorschriften für Medizinprodukte. Ziel ist eine erhöhte Sicherheit, Qualität und Transparenz. Hersteller, Distributoren und andere Beteiligte haben es deshalb mit höheren Anforderungen zu tun.

Insbesondere Kapitel 2 der MDR, in dem es um die Produktbereitstellung am Markt geht, verpflichtet die Hersteller, über ein Qualitätsmanagementsystem zu verfügen. Dieses muss eine für die MDR-Anforderungen geeignete Struktur aufweisen sowie Verantwortlichkeiten und Prozesse gewährleisten, mit denen die Vorgaben der MDR umgesetzt werden können. Dies wiederum bedeutet: Unterstützende IT-Systeme im Unternehmen müssen diese Anforderungen ebenfalls abbilden.

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Potenzial von ERP-Systemen nutzen

ERP-Systeme bieten sich dabei als „Anker-Plattformen“ an, da erstens die meisten Unternehmen ERP-Lösungen sowieso schon im Einsatz haben und diese zweitens bereits die meisten Daten und Workflows aufweisen, welche die MDR als Basis für das Qualitätsmanagement fordert. Ein Beispiel ist das Ressourcenmanagement der jeweils eingesetzten Grundmaterialien – inklusive Auswahl und Kontrolle der jeweiligen Zulieferer. Hinzu kommen die Steuerung und Kontrolle aller Prozesse der Produktentwicklung, -herstellung und -bereitstellung. Und nicht zuletzt die Überwachung der Inverkehrbringung durch den Hersteller. All dies sind klassische, von ERP-Systemen gesteuerte Geschäftsprozesse.

Vor allem fordert die MDR, dass Produkte eindeutig identifizierbar sein müssen und dass sie und ihre Vorprodukte und -materialien rückverfolgbar bleiben. In der gesamten Lieferkette vom Rohstoff- und Komponentenbezug bis zur Abgabe des Produkts an den Markt muss volle Transparenz herrschen. Dies bedeutet unter anderem, dass auch Lieferanten und Zulieferer den MDR-Vorgaben entsprechend qualifiziert sein müssen. Dies wiederum geht einher mit einer kontinuierlichen Bewertung und Auditierung dieser Qualifizierung – und zwar durch den Hersteller der Medizinprodukte selbst. Die MDR fordert zudem ein System der eindeutigen Produktidentifikation: Dies umfasst die eigentliche Produktkennung (UDI-DI), die Produkthersteller an die EUDAMED, die Europäische Datenbank für Medizinprodukte, melden sowie eine Herstellungskennung (UDI-PI). Mit deren Hilfe kann für jedes einzelne Produkt eine Nachverfolgung durchgeführt werden.

All diese Aufgaben sind originäre ERP-Themen. Hinzu kommen jedoch weitere Pflichten wie die Konformitätsbewertung, die Kommunikation mit den Prüfinstanzen oder die Qualifizierung der Zulieferer. Können ERP-Systeme auch hier unterstützen? Und wenn ja, wie kann diese Unterstützung konkret aussehen? Generell gilt: In der Kommunikation mit den benannten Stellen sollten nachzuhaltende Punkte im ERP erfasst und dokumentiert werden. Auch Maßnahmen sollten sich aus diesen Punkten im System ableiten lassen. Eine moderne ERP-Lösung zeichnet sich dadurch aus, solche Funktionen und Möglichkeiten vorzuhalten.

ERP in der Medizintechnik: SERAG Wiessner 

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SERAG Wiessner ist als mittelständisches, inhabergeführtes Unternehmen mit gut 200 Mitarbeitern auf textile Implantate, chirurgisches Nahtmaterial sowie Infusions- und Spüllösungen spezialisiert. 

Heute nutzen 75 Anwender die ERP-Lösung GUS-OS Suite sowie 15 Anwender ein MDE-System. Die Einführung des ERP erfolgte validiert und bildet heute alle Unternehmensprozesse vom Einkauf über die Produktion und das Labor bis hin zur Buchhaltung und Kostenrechnung ab. Die ERP-Lösung stellt die zentrale Daten- und Prozessplattform dar, mit der SERAG Wiessner die bereichsübergreifende End-to-end-Integration aller Prozesse realisiert. Das Ergebnis: Der Umfang manueller Tätigkeiten hat sich durch die automatisierte Prozesssteuerung wesentlich reduziert. Zugleich sorgen die im ERP abgebildeten Workflows für eine stabile operative Prozesssteuerung.

Beispiel 1: Produktkennzeichnung 

Befindet sich ein neues Medizinprodukt im Verfahren der Konformitätsbewertung, muss das ERP die UDI-Stammdaten bereithalten, damit diese für die Meldung an die EUDAMED gesammelt und erfasst werden können. Dieser Vorgang ist zwar keine genuine Aufgabe eines ERP. Doch bietet sich dieses Vorgehen an, da sich die meisten der benötigten Daten eh schon im System befinden. 

Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass es sich als zentrale und einheitliche Plattform eignet, auf die unterschiedliche Abteilungen des Unternehmens zugreifen können. Schließlich sind nicht nur die „Regulatory Affairs“ an einer Konformitätsbewertung beteiligt, sondern – zeitlich versetzt – auch andere Organisationseinheiten. Zudem unterstützt ein solches Vorgehen nicht nur die Konformitätsbewertung, sondern bildet so den gesamten Lebenszyklus des jeweiligen Produkts systemseitig ab. Dementsprechend sollte ein ERP-System die unterschiedlichen Rollen der Beteiligten berücksichtigen, damit für die einzelnen Anwender nur jener Kontext erscheint, den sie zur Erfüllung ihrer spezifischen Aufgaben benötigen. Des Weiteren entscheiden die Qualität und Pflege der Stammdaten
über die erfolgreiche Abbildung der Prozesse, etwa um zu erkennen, an welcher Stelle des Workflows sich ein Produkt gerade befindet. Im Prinzip geht es darum, dass die Stammdaten so aufbereitet sind, dass die jeweils Zuständigen genau wissen, zu welchem Zeitpunkt im Prozess sie was zu tun haben. Ebenso unerlässlich ist es, dass diese im System implementierten Abläufe nicht nur als unveränderliche Standardprozesse vorliegen, sondern auf die individuellen Bedürfnisse eines Unternehmens angepasst werden können.

Die GUS-OS Suite zum Beispiel bietet als ERP-Lösung zudem die Möglichkeit einer Dokumentenablage mit an. Diese Dokumente können neben den Konformitätserklärungen etwa auch Bedienungsanleitungen der jeweiligen Geräte sein. Prinzipiell besteht in GUS-OS bei allen Business-Objekten die Möglichkeit, Dokumente zu hinterlegen.Die Stammdatensätze ermöglichen außerdem unterschiedlichste Auswertungsmöglichkeiten, etwa individuell definierbare Informationen, die mit einzelnen Produkten verknüpft sind oder Daten für die spätere Produktkennzeichnung: Diese können dann wiederum für die Etikettierung nach den Standards GS1 oder HIBCC verwendet werden.

Ist ein Produkt dann auf dem Markt, bleibt der Hersteller mitverantwortlich für einen reibungslosen

Betrieb. Häufiger wirft zum Beispiel eine bestimmte Produktcharge oder -serie beim Kunden Fragen auf. In solchen Fällen muss es möglich sein, über die aus dem System heraus erzeugte Produktkennzeichnung zu ermitteln, an welche Kunden das Produkt im fraglichen Zeitraum ausgeliefert wurde. Zum Teil ist es dann auch notwendig zu wissen, welche zugelieferten Chargen von welchen Zulieferern in das Produkt mit eingegangen sind. Ein ERP-System stellt auch hier einen zentralen und belastbaren „Point of Truth“ dar, über den diese Informationen schnell und zuverlässig abrufbar sind. Aufwändige manuelle Recherchen entfallen.

ERP in der Medizintechnik: Storz am Markt 

Medizintechnik Zahnarzt - GUS-OS Suite - GUS ERP

Die Storz am Markt GmbH (Stoma) produziert und vertreibt dentale Präzisionsinstrumente. Die GUS-OS Suite als ERP-Lösung nutzen 52 Anwender im Unternehmen. GUS-OS stellt vor allem den integrierten Ablauf der Prozesse sicher, ermöglicht eine lückenlose Chargenrückverfolgung, steuert die Arbeitsgänge inklusive der Produktion und die UDI-Stammdatenverwaltung und Kennzeichnung (HIBC Codes). 

Indem die GUS-OS Suite alle wesentlichen Standards, Richtlinien, Normen und Geschäftsabläufe der Medizintechnik-Industrie bereits „ab Werk“ zur Verfügung stellt, geht ihre Bedeutung im Unternehmen heute über die eines klassischen ERP weit hinaus.

Beispiel 2: Rückverfolgbarkeit

Bei der Rückverfolgbarkeit geht es vor allem darum, wie ein Hersteller möglichst schnell benötigte Informationen verfügbar macht, mit denen er den Herstellungsprozess bestimmter Produkte, Materialien und Vorprodukte nachverfolgen kann. Die GUS-OS Suite bietet dafür den sogenannten Verwendungsnachweis. Er zeigt an, welche (Vor-)Produkte wann an wen geleifert wurden, wo sie herstammen, wann sie produziert wurden und in welchen Produktionsaufträgen. All diese Produktionsschritte sind grafisch aufbereitet, damit die gesamte Lieferkette und Produktion schnell und umfassend nachvollziehbar sind. Per Klick in die einzelnen Grafikbäume hin lassen sich dann Detailinformationen gezielt abrufen. Diese Nachverfolgung funktioniert natürlich auch in entgegengesetzter Richtung: Ist eine bestimmte Produktkomponente der Ausgangspunkt, lässt sich schnell transparent machen, wann und von wem und in welchen Produkten die Komponente verarbeitet wurde und an welche Kunden sie geliefert wurde. 

Beispiel 3: Auditierung von Zulieferern

Die Rückverfolgung eines Medizinprodukts kann dazu führen, dass ein oder mehrere betroffene Zulieferer erneut zu auditieren sind. Auch über die allgemeinen Audits hinaus. Die sich daraus ergebenden Verbesserungsmaßnahmen und der Stand ihrer Abarbeitung sollten ebenfalls im System dokumentiert sein. Auch für diese Aufgaben gilt, dass sie keine originären ERP-Themen darstellen. Doch gerade in Branchen wie der Medizintechnik, die stark von Validierungen geprägt sind, macht es auch hier Sinn, an die zentrale Datenhaltung im ERP in Form eines „Auditmanagers“ anzudocken.

Der Auditmanager der GUS-OS Suite zum Beispiel unterscheidet dahingehend, ob es sich um Audits des Herstellers, einer Prüfstelle oder eines Lieferanten handelt. Basis sind die im System bereits hinterlegten Audit-Kataloge, aus denen sich dann die zu erzielenden Normen ableiten lassen. Die Funktion zeigt an, welche Prüfpunkte noch abzuarbeiten sind, und dokumentiert am Ende die tatsächlich erfolgten Auditschritte und Ergebnisse. 

Zudem unterstützt das System auch mit Auswertungen während eines laufenden Audits: Welche Aufgaben sind bereits erledigt, welche nicht? Wo bestehen noch Abweichungen zu den Standards? All diese Informationen liegen grafisch aufbereitet vor. Und nicht zuletzt generiert der Auditmanager die Ergebnisse in Form von Dokumenten, die dann wiederum automatisiert in den jeweiligen Auditbericht miteinfließen. Das System stellt dafür Templates bereit. Auch hier gilt: Alles, was ein Unternehmen beim Audit benötigt – ob Daten, Ergebnisse, Dokumente oder Prozesse – , liegt zentral und dadurch schnell abrufbar vor. Das Sammeln von Audit-Informationen aus verschiedenen Systemen gehört damit der Vergangenheit an.

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